Baby Babyernährung Ernährung

Baby-Led Weaning aus bedürfnisorientierter Sicht

Babyhand greift nach einem Stück Erdbeere von einem Teller voller Obst

Foto: iStock / Demianastur

Baby led-Weaning ist ein Konzept, das schon seit Längerem beliebt ist – auch wir haben das Thema bereits mehrfach aufgegriffen. Im Interview mit unserem Ernährungsfachmann Nicolas erfahrt ihr beispielsweise, welche Aspekte besonders positiv sind – und was kritisch gesehen werden sollte. Der Artikel mit 6 Fakten zu Baby-led Weaning bietet eine gute Übersicht zum Einstieg in das Thema.

Nun habt ihr in einer Reihe von Nachrichten, die uns erreicht haben, den Wunsch geäußert, dass wir das Thema Baby-led Weaning einmal aus der bedürfnisorientierten Perspektive betrachten.

Das machen wir natürlich gerne und haben unsere Expertin Anne Heit gebeten, die wichtigsten Punkte für euch zusammenzufassen und aus ihrer Sicht als Ernährungswissenschaftlerin und Familien-Therapeutin zu bewerten.

Die Bedürfnisse des Babys im Mittelpunkt

Tatsächlich wird Baby-led Weaning im Vergleich zum klassischen Beikost-Stufenplan von vielen Eltern gerne als „sanfter“ und infolgedessen auch als bedürfnisorientierter bewertet. Doch ist das wirklich so und wo liegen die Parallelen? Und hat nicht auch der klassische Beikostplan seine Vorteile? Hier kommen ein paar Fakten:

Beim Baby-led Weaning (auch mit BLW abgekürzt, übersetzt bedeutet der Begriff so viel wie „babygeleitete Entwöhnung“) geht es tatsächlich darum, dass das Baby im Mittelpunkt der Entscheidung steht, was es isst. Ganz ohne Unterstützung geht das natürlich nicht – denn die Auswahl der Lebensmittel passiert ja über die Eltern. Sie sind auch dafür zuständig, das Essen so vorzubereiten, dass das Baby die Lebensmittel auf dem Teller gut greifen kann, beispielsweise, indem es in Stiftform geschnitten wird. Aber am Ende entscheidet das Baby, was es vom Teller nimmt und wie viel.

Aus dieser Perspektive ist Baby-led Weaning also ein Ansatz, der dem Bereich der bedürfnisorientierten Erziehung sehr nahe kommt – eben weil dem Baby das Vertrauen entgegen gebracht wird, dass es seine Bedürfnisse bereits kennt und einsetzen kann. Dass ihm also nichts fertig serviert wird, sondern es selbst entscheiden kann, was es nimmt. Dadurch, dass das Baby (fast) dieselben Lebensmittel am Tisch erhält wie alle anderen, wird es zudem in die Familien-Gemeinschaft integriert und fühlt sich als Teil des Geschehens. Für die Bedürfnisorientierung ebenfalls ein wichtiger Punkt.

Ist Baby-led Weaning wirklich bedürfnisorientierter als Brei-Beikost?

Diese Eigenverantwortung des Babys ist auch der Grund für die Kritik, die es an dem Ansatz des Baby-led Weanings gibt. Kann ein wenige Monate altes Baby wirklich erkennen, welche Nährstoffe für seinen Körper gerade wichtig sind? Und entstehen dadurch letztlich nicht Nährstoffdefizite?

Während der deutsche Hebammenverband sowie das Europäische Institut für Stillen und Laktation Baby-led Weaning befürworten, ist der mögliche Nährstoff- und Energiemangel sowie auch die Verschluckungsgefahr ein entscheidender Punkt für die Skepsis vieler Kinderärzte.

„Am Ende geht es darum, welche Form der Beikosteinführung für die Familie am besten passt. Und das kann sehr unterschiedlich sein.“ Anne Heit, Ernährungswissenschaftlerin und Familientherapeutin

Auch unter Ernährungswissenschaftlern wird Baby-led Weaning durchaus kontrovers diskutiert. Auch in Bezug auf die Bedürfnisorientierung:

„Die Frage, ob eine herkömmliche Beikost wirklich weniger bedürfnisorientiert ist als Baby-led Weaning sollte man schon stellen. Denn auch wer sich an Beikostplänen orientiert, hat natürlich die Bedürfnisse des Babys im Blick. Denn auch hier sollte man das Baby genau beobachten und beispielsweise schauen, ob die Anzeichen für die Beikostreife schon gegeben sind. Und bei der Menge prüfen, ob das Baby nun schon satt ist“, sagt die Ernährungswissenschaftlerin und Familientherapeutin Anne Heit. „Ich halte wenig davon, hier das eine gegen das andere auszuspielen. Am Ende geht es darum, welche Form der Beikosteinführung für die Familie am besten passt. Und das kann sehr unterschiedlich sein.“

Wie führe ich Baby-led Weaning bei meinem Baby ein?

Solltest du Baby-led Weaning ausprobieren wollen, achte auf ein paar Grundsätze:

  • Wie bei der herkömmlichen Beikost wird auch beim BLW weiter gestillt (oder alternativ Säuglingsnahrung gegeben).
  • Die Beikostreifezeichen sind zwingend notwendig. Dazu zählen aufrechtes Sitzen (ggf. mit Unterstützung), Halten bzw. Drehen des Kopfes und ein Interesse am Essen anderer. Der Zungenstoßreflex ist nicht mehr vorhanden und die Hand-Mund-Koordination klappt.
  • Ab dem Start des Beikostalters schwinden die Eisenreserven deines Babys, die über die ersten Lebensmittel wieder aufgefüllt werden sollten. Aus diesem Grund sollte eine eisenhaltige Nahrungsquelle ab dem 6. Lebensmonat wie etwa Rindfleisch oder Hirseflocken auf dem Speiseplan stehen. Das solltest du auch beim BLW beherzigen. Achte darauf, dass du zu der Eisenquelle immer etwas Vitamin-C-haltiges Obst gibst, beispielsweise einen Schnitz Orange, da dies die Eisenaufnahme verbessert.
  • Baby-led Weaning hat das Ziel, dass sich das Baby in seinem Tempo an das Essen herantasten kann. Das bedeutet: Plane für die Mahlzeiten genug Zeit ein. Das Baby sollte idealerweise nicht müde sein, sonst landet vermutlich das meiste tatsächlich auf dem Boden oder in den Haaren.
  • Beim Baby-led Weaning gibt es keine Reihenfolge wie bei der klassischen Breikost, nach der die Lebensmittel eingeführt werden. Du kannst also ganz kreativ sein.
  • Meide wegen der Verschluckungsgefahr aber kleine, runde Lebensmittel wie Trauben, Cocktailtomaten oder Erdnüsse. Auch bestimmte Lebensmittel wie Honig (der ist erst ab 1 Jahr zu empfehlen), rohe Eier, rohes Fleisch oder auch Rohmilch sollten nicht auf den Teller kommen.
Babyhand greift nach einer Kirsche von einem Teller mit Obst und Gemüse.

Auch Kirschen sind für Baby-led Weaning geeignet! Ihr solltet sie eurem Baby aber erst ab einem Alter von 9 Monaten geben. Und am besten vorher halbieren und den Kern entfernen, um ganz sicher zu gehen, dass nichts verschluckt wird. Foto: iStock / Olga Smolina

Das könnte dir auch gefallen