Die Freundin, die vor kurzem zum ersten Mal Mutter geworden ist, klingt besorgt. „Er schläft so schlecht zur Zeit. Und heute morgen war er ein wenig warm. Meinst du ich soll mit ihm zum Kinderarzt?“ Ich rate ihr, ihr Baby noch eine Weile zu beobachten und, wenn es sie beruhigt, einfach beim Arzt anzurufen und zu fragen, ob sie lieber mal vorbeikommen soll.
Da kommt mir auch das Gespräch mit meiner Schwägerin wieder in den Sinn, die ebenfalls frisch gebackene Mama ist und mit der ich mich kürzlich lange über die Breieinführung unterhalten habe. Bei der Gelegenheit hatte ich festgestellt, wie sehr sich meine eigenen Gewohnheiten mit jedem meiner drei Kinder doch verändert haben.
Beim ersten Kind läuft alles nach Plan
Gerade das Essen ist ein gutes Beispiel. Beim ersten Kind habe auch ich mich noch streng an die Pläne gehalten, langsam jedes neue Gemüse einzeln eingeführt, nach einem Monat dann der nächste Brei – genau so wie es empfohlen wird (eine gute Übersicht findet ihr in unserer Grafik zum Beikostplan). Und natürlich gab es auch vor dem 1. Geburtstag keinen Zucker, nicht mal am Eis schlecken war drin. Dann kam das zweite Kind und ich merkte ziemlich schnell: Da wird jetzt einiges anders laufen. Dazu gehört dann wohl auch, dass das Baby noch als Neugeborenes seinen ersten Keks in der Hand hatte. Die Zweijährige war der Meinung, ihr kleiner Bruder hätte so geguckt, als habe er Hunger.
Natürlich hat keines meiner Kinder als Säugling Kekse gegessen (der eben erwähnte wanderte dann ganz schnell wieder aus der kleinen Babyfaust hinaus). Aber mit den Monaten merkte ich, wie sehr viel gelassener ich gerade mit den alltäglichen Situationen wurde. Der Babybrei wurde eben nicht mehr Wochen im Voraus geplant. Sondern es gab das, was ohnehin für die große Schwester zubereitet wurde, nur eben püriert oder als weiche Stücke zum Selbernehmen, je nach Tagesform. Dann kam Baby Nummer 3 und mit ihm die Erkenntnis, dass das Leben mit drei Kindern nur funktioniert, wenn man bereit ist, diese anstrengende Mutter-Perfektion endgültig abzulegen.
Eine Prise Gelassenheit, bitte!
Gekocht wird hier immer noch täglich frisch und gesund. Aber es gibt auch Tage, da lasse ich vieles einfach laufen. Nicht nur beim Essen, aber gerade da. Vor einiger Zeit meldete sich ein Leser, der unseren Artikel zum Baby-led Weaning gelesen hatte und dazu einige kritische Anmerkungen hatte. Ich schrieb ihm eine lange Mail und fand schnell heraus, dass er einfach wahnsinnig besorgt um seine Tochter war. Seine Erstgeborene. Bekommt sie genug? Gebe ich ihr all das, was sie zum gesunden Wachstum braucht? Das las ich zwischen den Zeilen.
Als Eltern ist man heute gerne mal in der medialen Zwickmühle. Früher waren da die Omas, die immer vieles besser wussten, die man aber auch als erfahrene Tippgeber schätzte. Vielleicht las man noch ein paar Ratgeber in Buchform. Heute ist da die weite Welt des Internets und mit ihm der Einblick in all diese – oftmals auch widersprüchlichen – Sichtweisen und Lebensentwürfe. Die Blogs und Social Media sind voll von tollen Müttern, Vätern und Kindern, die alle gesund und hübsch sind, alle essen Gemüse und die Küche ist auch nie dreckig. Experten sagen uns, wie wir erziehen sollen, wie wir unsere Kinder ernähren sollen, mit was sie spielen sollen – und wir sehen irgendwann vor all den Empfehlungen die Realität gar nicht mehr.
Bauchgefühl statt schlechtes Gewissen
Die Realität, das sind unsere Kinder und unsere Familien. Und manchmal funktioniert der gute Tipp der anderen halt einfach nicht für uns. Ich kann mich verbiegen und Berge voller Fingerfood vor dem Kind aufbauen – wenn es das nicht will und nichts davon isst, wird mir nichts anderes übrig bleiben, als ihm eben doch einen Brei zuzubereiten. Das ist zumindest das, was ich mit jedem weiteren Kind gelernt habe: Pläne funktionieren nicht immer. Manchmal muss man flexibel sein. Und auch sein Bauchgefühl hören.
Das ist nicht immer einfach, ich weiß. Ich habe drei Kinder gebraucht, um so weit zu kommen. Regeln gibt es natürlich auch bei uns – nur eben kein schlechtes Gewissen mehr.